Das DLITE-Kreativstipendium 2021 hat in der rumänischen Literaturszene ein sehr positives Echo gefunden. DLITE und das Goethe-Institut haben im Laufe der Zeit viele Schriftsteller*innen im Rahmen zahlreicher Projekte unterstützt. Welches dieser Projekte liegt Ihnen besonders am Herzen?
Das DLITE-Kreativstipendium war ein Vorschlag aus dem Kreis des DLITE-Teams. Die hohe Zahl an sehr qualitätsvollen Texten, die eingereicht wurden, zeigt uns, wie lohnenswert die Unterstützung des Kreativsektors ist. Ich hoffe, dass viele der Texte erfolgreich abgeschlossen und publiziert werden können. Wir haben mit DLITE auch die Initaitive des Sofia-Nădejde-Preises für Literatur von Frauen unterstützt. Ich finde alle diese Projekte wichtig, denn sie geben den Akteur*innen der Literaturszene Sichtbarkeit und Anerkennung.
Wenn sich die Möglichkeit ergeben würde, Übersetzungsworkshops zu organisieren, wie würden Sie diese strukturieren? Brauchen Sie mehr erfahrene Übersetzer, sowohl für Übersetzungen aus dem Rumänischen ins Deutsche als auch umgekehrt?
Es ist natürlich sehr wichtig, eine junge Generation von Übersetzer*innen zu fördern. Die Übersetzer der älteren Generation wie Ernest Wichner, Georg Aescht, Gerhardt Csejka u.a. setzen bis heute einen sehr hohen Standard. Übersetzerworkshops heute könnten die Übersetzer*innen dazu motivieren, in Tandems dialogisch an ihren Projekten zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Über die sprachliche Kompetenz hinaus müssen Übersetzer*innen für die sog. „kleineren“ Sprachen auch kommunikative Qualitäten als Kulturmanager haben.
Sie sind seit 4 Jahren Leiterin der Abteilung Information und Bibliothek am Goethe-Institut Bukarest. Erzählen Sie uns mehr über ihre Erfahrungen hier und über das DLITE Projekt.
Als ich nach Bukarest kam, war das Projekt DLITE bereits gestartet. Die Rolle Rumäniens als Ehrengast der Leipziger Buchmesse 2018 hat dem Projekt einen besonderen Schub verliehen. In diesem Jahr ist auch das Goethe-Institut in Bukarest umgezogen. Unsere schöne neue Bibliothek wuchs gerade in die Rolle der Bibliothek als Treffpunkt und Veranstaltungsort hinein. Dann kam die Pandemie und wir mussten unsere Aktivitäten sehr einschränken. In den letzten Monaten war daher DLITE als digitales Instrument der Kommunikation und des Dialogs besonders wertvoll.
Wann sind Sie zum ersten Mal mit Rumänien und der rumänischen Literatur in Berührung gekommen? Was zeichnet Ihrer Meinung nach die zeitgenössische rumänische Literatur aus?
Tatsächlich kannte ich von Rumänien hauptsächlich die üblichen Klischees – historisch interessantes Siebenbürgen, Dracula und Ceaușescu Das Werk von Herta Müller hatte ich natürlich gelesen, aber keine zeitgenössischen rumänischen Texte. Es gehört zu den Glücksmomenten der Tätigkeit am Goethe-Institut, dass man immer wieder neue Länder und Kulturen entdecken darf
Welche Autor*innen haben Sie entdeckt und welche Themen in deren Werken haben Sie besonders angesprochen? Gibt es rumänische Autor*innen, die Ihrer Meinung nach auch für das deutsche Publikum interessant sein könnten?
Bis heute kann ich rumänische Literatur nur in Übersetzung lesen. Es gibt viele gute Titel bei deutschen und österreichischen Verlagen, nicht zuletzt vermittelt durch die Übersetzungsförderung des Programms Traduki. Gleich zu Beginn habe ich mich in das Werk von Mircea Cărtărescu verliebt, und mit ihm die Geschichte von Bukarest erkundet. Natürlich habe ich auch weibliche Stimmen wie Gabriela Adameșteanu und Lavinia Braniște für mich entdeckt. Auch in der deutschsprachigen Literatur gibt es gerade eine Reihe von interessanten Stimmen, die ihre Erfahrungen in beiden Ländern verarbeiten, oft als Familiengeschichten. Dazu gehören Dana Grigorcea, Iris Wolff, Yvonne Hergane und viele andere, die wir unter dem Titel „Der andere Blick“ auf DLITE vorgestellt haben.
Eine Frage von den DLITE-Leser*innen – Wie würden Sie diese literarische Plattform charakterisieren?
Wer sich für das Abenteuer Literatur in allen Facetten wie Schreiben, Übersetzen, Verlegen und Lesen interessiert, wird bei DLITE vieles entdecken können. Mit DLITE möchten wir inspirieren zur entschleunigten Beschäftigung mit dem Wort und so deutsche und rumänische Literatur in einen Dialog bringen.
Was halten Sie von der Zusammenarbeit mit dem DLITE-Team, das sich aus Schriftsteller*innen, Übersetzer*innen und Berater*innen für kulturelle Projekte zusammensetzt? Welche Neuigkeiten/Änderungen zeichnen sich am Horizont ab?
Für mich ist die Zusammenarbeit mit dem Team seit 5 Jahren eine große Freude und Bereicherung. Wir haben jedes Jahr neue Akzente gesetzt mit den Schwerpunkten Deutsche Ecke, #Celan100, dem EssentialMix mit Lyrik zum Weltpoesietag, den Interviewreihen etc. In diesem Jahr haben wir mit der neuen Platform DLITE einen Sprung in der Präsentationsform gemacht, sie frischer und ansprechender gestaltet. Ich bin sicher, dass uns auch inhaltlich immer wieder Neues einfällt – gerne nehmen wir die Anregungen der Leser*innen auf!
Was sind die großen kleinen Freuden des Lebens in einer europäischen Hauptstadt? Wie würden Sie das kulturelle Bukarest charakterisieren?
Ich liebe es, jede Stadt zu durchstreifen. Wenn Sie durch die Straßen Bukarests schlendern, sehen Sie die Kontraste, aus denen sich Geschichte und Gegenwart lösen, die alltäglichen Probleme und Freuden der Menschen, das Chaos und die unglaubliche Kraft dieser Stadt.